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Bonsaimachos

Werbung (Anmerkung siehe unten im Text)

 

Hegel H 95 Test

In Zeiten, wo gefühlte Wahrheiten reichen und viele nicht einmal einen Anflug von schlechtem Gewissen verspüren, wenn Sie sich in Schlangen versuchen vorne anzustellen oder Gemeinbesitz zu ruinieren, ist es doch gut zu wissen, dass die Lösungen eigentlich von der Natur verbaut worden sind. Stellt also Eure Messgeräte hoch (ja, die Lauschlappen mein ich) und gebt a weng an Strom auf den Prozessor dazwischen, dann kommen wir schon zu vernünftigen Ergebnissen. Wir wollen heute smartes Understatement begutachten. So einen unscheinbaren Magermilchverstärker, der im Katalog mit lappen 60 Watt an 8 Ohm verunglimpft wird. Den Hegel H 95, also das neue Einsteigermodell der norwegischen Wikinger:

Hegel H 95 schwarz gesamt

Die Sparversion für "nur" 1.795.- Euronen. Was fällt auf? Plastikfernbedienung, Plastikfront, optisch besser als haptisch aber, und das ist entscheidend, an der richtigen Stelle gespart. Akustisch haben Sie das Teil gegenüber dem Vorgänger H 90 nämlich nochmal sauber aufgewertet. Die wesentliche Verbesserung liegt im Digitalteil, wo dem H 95 die Segnungen der beiden größeren Modelle H 120 und H 190 zuteil wurden, nämlich deren Digitalsektion mit dem hervorragenden AKM-Wandler. Ein deutlicher Schritt vorwärts.

Technische Schmankerl des Hegel H 95:

Hegel H 95 Digitalteil

Bis zu 192 kHz / 24 bit über Lichtleiter bzw. Coax-Anschluss, aus mir unklaren Gründen, nur 96 kHz / 24 bit via USB und ein eingebauter Streamer, sind schon eine Ansage in dieser Preisklasse. Das legt den Vergleich zum doch nochmal deutlich teureren Moon Neo ACE nahe und damit die Messlatte extrem hoch. Da punktet zunächst der Moon, weil der Roon und Airplay 2 kann, eine eigene App hat und auch Internetradio und Bluetooth beherrscht. Der Hegel schlägt mit einem intern klanglich verbesserten Airplay Empfang (Airplay 2 soll per Update kommen) und einem sehr gelungenen internen Upsampling zurück. Für Leute, die sich das Gehör mit Spuckify versauen, bietet er eine native Anbindung an Spuckify (Spotify Connect) und zwar für die bezahlte und die Gratisversion. Als Apps für die Bedienung kann man z.B. MConnect oder Bubble UPnP verwenden. Da gehen auch vernünftige Streamingdienste, wie Qobuz oder Tidal drüber. Außerdem, schaut mal rein:

Hegel H 95 2 Trafos

Da wird geklotzt und nicht gekleckert. Separate Stromversorgungen für Vor- und Endverstärkung (Hegel geht da schon lange den Weg der separaten Optimierung auch einzelner Bauteile). Das Ganze kombiniert mit der großartigen Hegel Soundengine 2, die ich beim Hegel H 190 schon mal einigermaßen verständlich zu erklären versucht habe und einem Dämpfungsfaktor von mehr als 2000, der exzellente Kontrolle über das Ein- und Ausschwingverhalten von Lautsprechern verspricht. Und wer das nicht glaubt, kann gerne mal zum Probehören vorbei kommen. Kleine Modifikationen wurden am Kopfhörerausgang vorgenommen. Der ist jetzt noch stiller und rauschärmer als im H 90:

Hegel H 95 Kopfhoereranschluss

 Prinzipienreiterei am Hegel H 95

Da scheiden sich jetzt wieder die Geister, aber warum sollte der kleinste eine Ausnahme im Programm darstellen:

Hegel H 95 von hinten

Ein single-wire Lautsprecheranschluß spaltet ja immer die Gläubigen. Ich möchte an dieser Stelle nur drauf hinweisen, dass einige Top-Firmen große Klangerfolge mit singe-wire erzielen und zumindest deren Entwickler keine Vorteile im bi-wiring erkennen können. Spielt den H 95 an einer Evoke 20 oder, ja, selbst die packt er, einer Evoke 30 von Dynaudio und ihr habt keine Bedenken mehr. Hegel stattet selbst das Flagschiff H 590 nicht mit mehr als einem Paar Lautsprecheranschlüssen aus und fährt damit die weltbesten Testergebnisse ein, wie der Donald sagen würde. Das sollte mal Statement genug zu dem Thema sein. Der Analogteil ist der aktuellen Bedeutung von analog angemessen, bescheiden.

Hegel H 95 Analogteil

Is nix mit Phono, dafür lohnt sich eine separate Vorstufe, weil deren Qualitäten bestens zur Geltung gebracht werden. 2 Eingänge, ein (variabler) Ausgang für eine Endsufe oder einen Subwoofer, that´s it. Allerdings nicht so ganz. Hegel lässt uns die Möglichkeit, die Ein- und Ausgänge ein wenig zu konfektionieren. Alle Eingänge können auf HT (Home Theatre) geschaltet werden, d.h. sie werden fix auf eine sehr hohe Lautstärke gestellt, um den H 95 in Heimkinosysteme einzubinden. Dann regelt der AV-Receiver die Lautstärke und der H 95 fungiert als Endstufe (toller Ausdruck). Das kann man auch beim Anschluss z.B. eines Node 2 i von Bluesound nutzen und über dessen App dann die Lautstärke regeln, aber Achtung, da kann man aus Versehen sauber laut loslegen.

Gleich der Hinweis, mit der beiliegenden Anleitung (englisch) wird es Euch nicht gelingen, die Startlautstärke des H 95 zu verändern. Das wird zwar vorne groß angekündigt und geht auch (DAC+ halten und Vol- drücken), allerdings nur mit der fortgeschrittenen Fernbedienung R 8, die dem H 95 eben nicht beiliegt, sondern zum H 190 gehört. Falls ich zu doof war, die Tastenkombi auf der beiliegenden Fernbedienung zu finden, belehrt mich bitte eines Besseren. Ich hab so ziemlich alles gedrückt, was da war, gemäß dem Motto: "Wenn´s sich nicht selber erklärt, braucht ich´s nicht.!" Ich starte dann halt mit 20 als Anfangslautstärke.

Hegel H 95 Fernbedienung

Das ist übrigens die beiliegende Fernbedienung, die nicht nur den Besen zum Umschalten ersetzt sondern auch das Display abschalten kann, für automatische Updates aus dem Netz genutzt werden kann und allgemein ganz hilfreich, allerdings für die Preisklasse mehr als peinlich ist. Mann heute verzögert er wieder den spannenden Teil.

Wie klingt der Hegel H 95 Vollverstärker im Verhältnis zu den anderen Hegels und den Wettbewerbern?

Habt Ihr es eigentlich bemerkt? Hegel spricht hier nur von einem Vollverstärker und erwähnt in smartem Understatement die Streamingfunktionen gar nicht. Andere würden hier mit einem All-in-one-Gerät protzen. Jetzt hör halt auf zu labern.

Hegel H 95 schwarz von vorne

Jetzt mit nem Bild statt Worten zu verzögern fand, zumindest ich, witzig.

Rücken wir also die Verhältnisse mal klar hin - In der Preisklasse gibt es durchaus kräftigere Verstärker, ob, die, außer bei riesigen Lautsprechern oder brachialen Lautstärken aber klangliche Vorteile dem Hegel gegenüber verbuchen können, sei mal dahingestellt. Der ist schon extrem klar, sehr ausgewogen und maximal Allround-geeignet. Gegen den eingangs erwähnten Moon Neo ACE, der mit 3.900.- Euro inzwischen recht frech teuer geworden ist, verliert er vom Streamer und vom Phonoanschluß her, klanglich macht er im Hoch- und Mitteltton deutlich den zweiten Platz, verseilt den nominell stärkeren ACE im Bass aber ein wenig. Im direkten Vergleich wirkt der Hegel auch etwas langweilig, neutral, da geht ein wenig die Spielfreude ab.

Der H 95 spielt, dem Hegel Anspruch gerecht, absolut am obersten Limit der Preisklasse und wird in diversen Tests nicht umsonst so hochgelobt, obwohl Hegel nicht gerade für gute Pressearbeit berühmt ist. Spannend wird es da am ehesten im direkten Vergleich zu den größeren Brüdern Hegel H 120 und Hegel H 190. wenn ich hier Soundengine 2 gegen Soundengine 2 vergleiche, stelle ich fest, dass Hegel offensichtlich basslastiger abstimt, je leistungsschwächer der Verstärker ist. Der H 95 langt, auch bei geringen Lautstärken, schon sehr sauber im Bass hin. Ich würde sogar so weit gehen, dass er, bei aller Klarheit und Details von allen Hegels am basslastigsten Ende von "neutral" steht, nicht schlimm aber deutlich hörbar. Originellerweise wirkt auch der H 120 beim ersten Hören erst mal einen Hauch basslastiger als der H 190. Ich kenne die Diskussionen aus den Foren, wo sogar spekuliert wird, ob der Unterschied zwischen den Hegels sogar so minimal sei, dass ein H 95 annähernd so gut sei, wie ein H 190 und sich der Aufpreis nicht lohne. Kann man sie, wie ich, einfach nebeneinander stellen und direkt vergleichen, nicht ganz haltbar. Ich hatte spontan den Eindruck, dass der H 95 irgendwie gedrückter klingt, als der H 120 und der Sprung von diesem zum H 190 war dann doch recht offenkundig. Vielleicht habe ich sogar einen Anhaltspunkt dafür gefunden, woran man das festmachen kann - der Räumlichkeit. Mich hatte überrascht, dass der H 190 den H 120 mal primär im Mittel- und Hochton sauberst verseilt hat, würde man doch Vorteile im Bass für den stärkeren Amp vermuten. Der H 190 ist luftig, lässig, mit Raum um jedes einzelne Instrument und eröffnet den Bühnenraum nicht nur auf Linie der Lautsprecher und davor sondern auch bis weit nach hinten. deutliche Anflüge von Highend eben. Der H 120 ist tonal sehr ähnlich, auch klar, aber deutlich weniger lässig und siehe da, die Bühne geht kaum hinter die Linie der Lautsprecher zurück, die Instrumente drängen sich enger aneinander, geil, aber nicht mehr highendig. Der H 95 schrumpft den Bühnenraum nochmal ein, nicht viel aber gerade noch bemerkbar, wenn man den Ansatz erst mal hat.

Hier sollte ich mal im mir eigenen, zur Übertreibung neigenden Klartext anmerken, dass wir diese Diskussionen auf dem Hegel Niveau für einen Dämon, oder wie immer der massengefertigte Japaner dann heißt, so nicht führen müssten, da kommt oberhalb des Dämon erst noch ein Misthaufen, dann lange, lange, nichts und dann der kleinste Hegel. Wir klagen hier auf Topniveau. Wo ist Hegel überlegen? In der Präzision der akustischen Darstellung, dem Ausleuchten von Details, die hörbar sind, aber doch Details bleiben, der zeitrichtigen Taktung der Musik und dem harmonischen Gesamtklang. Da hat man wirklich den Eindruck, die Soundengine 2 verstärkt nur das Original und nichts als das Original. Da zeigt der Dreibeinige den Wettbewerbern den Auspuff.

Hegel H 95 von schräg hinten

Hegel H 95 vs. Atoll IN 200 Signature

Für den Atoll spricht, dass er mehr Dampf hat und besser verarbeitet ist, ansonsten verliert er in den meisten Disziplinen, wenn auch sehr knapp. Selbst der kleinste Hegel ist immer noch feinmotorischer und präziser unterwegs als der wirklich fesche Atoll IN 200 Signature. Der Atoll kann selbst im Bereich Dynamik nicht wirklich gegen den H 95 von Hegel punkten, weil der H 95 "normale" Lautsprecher einfach dermaßen im Griff hat, dass es eine Freude ist. An extrem harten Nüssen, wie einer Adante AS 61 liegt der Atoll dann doch vorne, der hört man aber auch die weiteren 150 Watt, die ein großer Hegel auf die Leistung des Atoll noch draufpackt, positiv an, weil die einfach Strom frisst. Freunde der rockigeren Gangart werden dennoch den Atoll bevorzugen, der einfach sportlicher und mitreißender aufspielt, da ist der Hegel doch etwas zurückhaltend perfektionistisch.

Hegel H 95 Fazit

Das ist jetzt wieder schwieirg, so ein Gerät fair zu werten. Ich möchte mal das, bereits nach 2 Tests "klassische" Hegel Fazit ziehen: In der Ausstattung zu toppen, teils höchst mäßige Verarbeitung für den Preis, klanglich schwer. Als neutraler Verstärker ein Hammer. Als All-in-one-Gerät mit größeren Ausstattungslücken  (Kein Internetradio, kein Bluetooth, kein Phonovorverstärker, kein Roon, kein Airplay 2.) dafür kann er, was er kann besser. Lohnen sich die größeren Hegels statt dessen? Beim H 120 wird´s eng mit leichten Vorteilen für den H 120 beim H 190 eindeutig ja.

Werbung für den Hegel H 95?

Vergesst es. Weil ich aus Platzgründen immer nur eine Hauptmarke für Elektronik führen kann, gilt frei nach Björn aus Berlin (Herzlichen Dank für den Text):

Kann der Hegel nicht mit Roon, verkauft der Macho nur noch Moon!

 

Nachtrag - tiefer gelegt und überspoilert:

Wie die größeren Brüder, kommt auch der kleinste Hegel bei mir nicht mehr ungetunt davon. Ich verkauf den nur noch mit den Sicherungen von HiFi-Tuning, einfach weil´s ihn nochmal um Welten nach vorne bringt. In diesem Fall ist nach ausgiebigen Hörtests mit mehr oder minder Freiwilligen die HiFi Tuning Supreme 3 in silber das Mittel der Wahl. Es gab keine 2 Meinungen, dass die dem H 95 exakt das Mehr an Hochton verleiht, das ihn klanglich auf das Niveau eines ungetunten H 120 lupft. Der wiederum verseilt den kleinen Bruder, kaum dass ihm eine HiFi Tuning Supreme 3 in kupfer eingesetzt wurde, wieder absolut preisklassengerecht.


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